Live at Sunset: Bei Mark Knopfler stimmt die Chemie

Konzertkritik: Mark Knopfler @ Live at Sunset
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www.bäckstage.ch / © Patrick Holenstein

Als sich Mark Knopfler und seine sieben Mitmusiker kurz nach halb Elf verbeugen, dankend in den Zuschauerraum winken und die Bühne verlassen, sind tatsächlich einige Augenblicke nötig, kurze Sekunden, um das eben Gesehene zu verarbeiten. Sicher ist: Knopfler live zu erleben, ist etwas für Geniesser, für Fans von epischen Soli, gekonnt strukturierter Songs, einer Band mit viel, viel Leidenschaft und natürlich für Dire-Straits-Fans. In der Setlist auf dem Dolder hält sich Knopfler jedoch mit Liedern seiner ehemaligen Band etwas zurück, konzentriert sich lieber auf sein Solo-Werk. Einzig «Romeo and Juliet», «Telegraph Road» und «So Far Away» spielt Knopfler an diesem Abend.

 

Bild 1: Mark Knopfler grinst spitzbübisch beim ersten Song und macht kurz darauf (Bild 2) eine Grimasse, die entweder auf Konzentration hindeutet oder aber er hat in der ersten Reihe etwas entdeckt. (Mit Maus über Bild fahren)

 

Vielleicht ist mancher Konzertbesucher über fehlende Klassiker enttäuscht, die meisten scheinen sich aber eher über die hohe Qualität der Musik zu freuen. Gebannt wird der Violine gelauscht, verfolgt, was der Flötist für Fäden zieht und begeistert ein ausuferndes Solo des Pianisten mit Szenenapplaus belohnt. Mark Knopfler hat neben sich auf der Bühne Top-Musiker, die ihr Handwerk blind verstehen, das ist man sich vom 64-jährigen Schotten nicht anders gewohnt. Am Live at Sunset stimmt schlicht alles. Jeder Akkord passt, jeder musikalische Farbklecks in Form eines Soli sitzt, jedes Zupfen an Bass und Gitarre geschieht im richtigen Moment und alles setzt sich zu einem perfekten Mosaik zusammen. Das alles strömt dazu in glasklarem Sound aus den Boxen und selbst das Wetter macht mit. 

 

«Telegraph Road» bricht sämtliche Dämme.

 

Knopfler wirkt zwar gegen Ende des Konzertes etwas müde, seinen Sound tangiert das aber überhaupt nicht. Wenn er «Romeo and Juliet» mit einem für ihn typischen Solo zu Ende bringt, sorgt er für einen Gänsehautmoment, wenn er sich die silberne Gitarre um den Hals hängt, um mit «Telegraph Road» das Set zu schliessen, dann brechen sämtliche Dämme und die Zuschauer strömen an den Bühnenrand. Nach eineinhalb Stunden sorgt der epochale Dire-Straits-Song dafür, dass die Leute, die bisher hingebungsvoll die Musik förmlich aufgesogen haben, aus der wohligen Lethargie erwachen und Knopfler bei zwei Zugaben so richtig feiern. 

 

Bild 1: Ob Knopfler sich vergriffen hat? Selbst wenn sein Gesichtsausdruck daher kommt, ausser ihm hat es niemand gemerkt. / Bild 2: Ein Teil der fabelhaften Band.  

 

Für Mark Knopfler wird das Konzert auf der Dolder-Eisbahn zum Triumphzug. Zeitweise bedienen die Musiker bis zu fünf Saiteninstrumente gleichzeitig. Von der Ukulele bis zu diversen Gitarren. Aber zwei Punkte fallen besonders auf: Mark Knopfler geniesst es, auf der Bühne zu stehen. Er ist die Ruhe selbst, blüht auf, wenn er sich in einem Solo verlieren kann und scheint grossen Spass zu haben. Wenn er mit den Kollegen auf der Bühne Blicke tauscht oder gelegentlich zwischen den Songs etwas bespricht, dann weckt das den Eindruck, dass Knopfler weiss, was er an seinen Musikern hat. Das führt zum zweiten Punkt: Jeder Musiker bekommet seinen Platz im Set. Knopfler respektiert seine Mitmusiker, würdigt sie, schätzt ihr Können und vielleicht ist neben den Welthits genau diese Chemie, die auf der Bühne herrscht, der Grund, weshalb die Menschen an diesem Abend mit dem gebührenden Respekt an Knopflers Saiten hängen. Das war ziemlich sicher der Höhepunkt einer hochkarätigen Live-at-Sunset-Saison. 

Patrick Holenstein / Mo, 22. Jul 2013